Hallo und liebe Grüße aus der Steiermark! Ich bin der Historische Handwerker und das ist meine Videoserie zur Herstellung meiner Schnitzbank. Die Schnitzbank ist eine traditionelle Werkbank, die in vielen Werkstätten und Bauernhöfen wegen ihrer vielseitigen und schnellen Einsetzbarkeit nicht fehlen durfte. So vielfältig wie ihre Verbreitung und Verwendung (oder auch gerade aufgrund dieser Vielfalt) sind die im Laufe der Jahrhunderte aufgekommenen Bezeichnungen:
Schnitzbank – Schnitzelbank – Schnitzpferd – Schnitzesel – Schnitzbock – Heinzelbank – Hoazlbank – Hoanzlbank – Ziehpferd – Ziehbank – Zugbank – Ziehbock – Klemmbank – Schneidesel – Hanslbank – Schindlbank – bandkrakk, stavkrakk (norwegisch) –
shaving horse (englisch) – banc d’âne (französisch) …
Verwendung und die 3 Formen der Schnitzbank
Verwendet wurde die Schnitzbank, um kleinere Werkstücke zur Bearbeitung festzuhalten und zu unterstützen. Sie bestand dabei aus einer stabilen, länglichen Sitzbank auf vier in Bohrungen gesteckten, von oben verkeilten Rundholzbeinen, die zur besseren Standhaftigkeit unten meist auseinanderstrebten. Auf dem einen Ende saß der Handwerker – ‘wie auf einem Pferd’ – auf der anderen Seite befand sich ein Holzaufbau als Unterlage für die Werkkstücke, durch welchen ein senkrechter Hebel samt kippbarem Bolzen durchging. Der Hebel hatte dabei meist Löcher, um ihn in der Höhe verstellen zu können. Auf dem Hebel befand sich ein Kopf, zwischen dem das Werkstück Richtung oberer Fläche des Holzaufbaus eingespannt wurde. Dazu musste der Handwerker den unteren Hebel mit dem Fuß von sich stoßen, wodurch sich der Spalt verengte und das Werkstück festgehalten wurde. Werkstücke konnten so leicht umgespannt werden, was einen enormen Vorteil bildete.[1] Gearbeitet wurde auf der Schnitzbank nach Roland Bauer wie folgt:
“Es wird darauf sitzend gearbeitet, das Werkstück wird durch eine mit einem Fuß betätigte Wippe auf einer Rampe fixiert, es wird beidhändig ziehend mit Werkzeugen wie Ziehmesser, Schweifhobel und Ziehklinge, aber auch mit Raspel und Feile gearbeitet.”
Dabei werden meist zwei verschiedene Formen der Schnitzbank unterschieden:
Fig. 1 zeigt die traditionelle alpenländische Schnitzbank mit Klemmblock (4) und mittig in einer Ausnehmung geführten Wippe (7).
Fig. 2 zeigt die angelsächsische Variante mit einer als Klemmrahmen (5) ausgeführten Wippe. Die Beine (1) sind in einen Grundträger (2) eingezapft und mit Keilen (3) fixiert, was bei dieser Konstruktion durch die hohe dynamische Belastung notwendig ist.[2]

Eindeutig verwendet wurde die alpenländische Form der Schnitzbank seit dem 15. Jh., wie es die weiter unten angeführten Nürnberger Hausbücher belegen. Quellen vor dieser Zeit gibt es kaum, auch wenn Goodman in seinem Standardwerk The history of woodworking tools von 1964 in einem römischen Relief den Ansatz eines ‘Schnitzpferds’ sehen möchte. Eindeuting zu belegen ist es nicht, denn anstelle mit eines Klemmbocks könnte der Handwerker auf dem rechten Bild ebenso gut auf einem Amboss arbeiten.[3] Nichts desto trotz bleibt die Schnitzbank besonders auf Mittelaltermärkten ein beliebtes Schau- und Vorführungsstück, vorallem aufgrund ihrer Verwendung zur Bogenherstellung und ihrer leichten Bedienbarkeit. Immerhin sind nicht viele handwerkliche Geräte auch für Kinder der heutigen Generation unbedenklich auszuprobieren.

Für die englische Form der Schnitzbank gibt es vor dem späten 19. Jh. keine bildlichen oder schriftlichen Quellen, trotzdem kann sie als effektive Variante im Vergleich gesehen werden. Peter Follansbee schreibt zu den beiden Stilen:
“I remember a debate many years ago about the use of the English shaving horse versus the Continental dumbhead. For preparing turning stock and shaving chair parts, I strongly prefer the English shaving horse because the action of gripping the stock is centered, as opposed to the off-center action of the dumbhead style. The traditional English shaving horse, with a free hinge mechanism, makes it easy to adjust the height of the work surface. This allows one to set the yoke as close to the workpiece as possible, which translates into easier foot action to achieve the most positive gripping of the workpiece.“[4]
Während meistens nur diese beiden Formen der Schnitzbank unterschieden werden, teilen manche die kontinentale Variante in eine Schnitzbank nach deutschem und eine nach französischem Vorbild. Letztere zeigt die Abbildung auf der rechten Seite.[5]

Obwohl die Schnitzbank – egal welche Variante – für fast alles und von zahlreichen Berufsgruppen verwendet wurde, vom Besenmacher über den Fassbinder bis hin zum Wagner, umfassen ihre Haupteinsatzgebiete vorallem die Herstellung von Schindeln und Holznägeln, aber auch das Anfertigen von Leitersprossen, verschiedensten Stielen und Griffen sowie Stuhlbeinen. Sogar grobe Vorarbeiten beim Drechseln wurden mittels der Schnitzbank erledigt.
Die Nürnberger Hausbücher
Die Nürnberger Hausbücher, auch Zwölfbrüderbücher genannt, sind eine Sammlung von Porträts von Einwohnern zweier Nürnberger Armenhäuser, der sogenannten Zwölfbrüderhäuser. Die Bücher sind im Internet digitalisiert, transkribiert und kommentiert frei zugänglich. Dabei wurde jedes Bild unter anderem kategorisiert nach Namen, Beruf, Arbeitsgeräten und der dazugehörigen Beschreibung. Auf den unteren Abbildungen sind Fassbinder bzw. Büttner (puttner) zu sehen, deren Arbeitsgeräte Klopfholz (Klüpfel, Klöpfel, Schlägel), Triebel, Bandhaken und Beil umfassen. Die Schnitzbank wird weder bei diesen beiden Bildern noch sonst irgendwo in den Nürnberger Hausbüchern eigens erwähnt. Auch unter der ausführlichen allgemeinen Auflistung an Arbeitsgeräten fehlt von ihr jede Spur. Womöglich wurde sie als ‘Hintergrundgegenstand’ auch einfach übersehen oder hat sich in den Augen der Projektgruppe nicht als Arbeitsgerät oder für eine andere Kategorie qualifiziert. Nichts desto trotz merkwürdig, da es der einfache Holzbock sehr wohl in die Liste geschafft hat.[6]


Weiterführende Links
Sollte jetzt jemanden die Lust gepackt haben sich selbst eine Schnitzbank zu bauen, ist dieser Link http://www.greenwoodworking.com/ShavingHorsePlans jedenfalls zu empfehlen!
Für weitere Infos theoretischer Natur sind außerdem folgende Websites interessant:
Literatur
- [1] Vgl.: Hans-Tewes Schadwinkel/ Günther Heine: Das Werkzeug des Zimmermanns. Hannover 1986: S. 236.
- [2] Url.: https://patents.google.com/patent/DE202013010605U1/de (20.06.2020)
- [3] Vgl.: Url.: https://hoveloghage.wordpress.com/2015/06/02/the-shaving-horse-revisited (19.06.2020)
- [4] Peter Follansbee, Introduction to Shaving Horse plans on Jennie Alexander’s Green Woodworking. Url.: http://www.greenwoodworking.com/ShavingHorsePlans (20.06.2020)
- [5] Vgl.: Url.: http://www.musee-moutiers.fr/medias/images/boisselier-sur-le-banc-d-ane.jpg (20.06.2020)
- [6] Vgl.: https://hausbuecher.nuernberg.de (19.06.2020)
Wolfgang Drexler
9 Jul 2020Hallo lieber handwerker…ich finde es echt toll was Du machst….
user
25 Jul 2020Danke! 😉